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Grundhaltung und Vision zu den  familienbegleitenden Angeboten FIFplus und FuX

1. Wir trauen Familien alles zu – vor allem das Gute.

In unserer Arbeit stehen die Menschen mit ihren Ressourcen und Fähigkeiten an erster Stelle. Wir haben Zutrauen in Eltern, Kinder und deren Entwicklungspotentiale.  Zentrale Aspekte sind Kontakt auf Augenhöhe und wertfreies Einlassen auf die persönliche Situation der Einzelnen. Dies beinhaltet sowohl die Akzeptanz und Anerkennung der Lebensentwürfe eines jeden Menschen, als auch den uneingeschränkten Respekt  vor dessen Entscheidungen - und eine authentische, emphatische Zugangsweise und Beziehungsgestaltung.
Familien in Krisen wollen sich verändern, was als Chance für die Motivation der Mitarbeit und Erhaltung der Familie genutzt werden kann. Wir gehen davon aus, dass es in jeder Familie Möglichkeiten der Veränderungen gibt. Das Verstärken der positiven Kräfte der Familie steht im Vordergrund unseres Ansatzes. Selbst in einer Kindeswohl gefährdeten Situation arbeiten wir mit den Eltern und trauen ihnen zu, durch die begleitende Hilfe, die Gefährdung aus eigener Kraft abzuwenden.


2. Wir kennen die Lösungen für die Probleme der Familien nicht. Wir begleiten sie vielmehr bei der Suche nach der für sie stimmigen Lösung.

„Die Klienten werden damit konfrontiert, dass sie sich nur selbst erfolgreich helfen können, indem sie etwas andere Formen der erzieherischen Interaktion lernen oder einüben. Bei diesem Lernen und Einüben vermögen die Helfer professionelle und differenzierte Unterstützung zu geben.“ (Prof. Dr. Heiko Kleve, FH Potsdam)


3. Komplexe Lebensprobleme können nur im Kontext mit dem primären Bezugsystem gelöst werden, d.h. Lösungen sind nur dann nachhaltig, wenn sie im System gefunden und getragen werden können.

Wir sind uns bewusst, dass Eltern die größte Wirksamkeit auf das Verhalten ihrer Kinder haben und nur durch eine aktive Rolle der Eltern die Beziehungsqualität zwischen Eltern und Kindern verbessert werden kann. Deshalb erscheint uns Fremdunterbringung selten die bessere Alternative für Kinder und deren Eltern, vor allem dann nicht, wenn sie mit Beziehungsabbruch in Form einer radikalen (oftmals traumatisch erlebten) Trennung einhergeht. Schon mehrere Wochen Beziehungsabbruch sind oft von entscheidendem Nachteil (nicht zu verwechseln mit einer kurzfristigen, kontakterhaltenden räumlichen Trennung mit der klaren Ausrichtung auf die Reaktivierung elterlicher Verantwortung).
Die Lösung liegt somit nicht in der Herausnahme des verhaltensauffälligen Kindes/Jugendlichen aus dem Bezugssystem, sondern im Erlernen von alternativen Handlungsmöglichkeiten innerhalb des Systems.

„Die einzige Möglichkeit dieser Systeme, sich zu ändern, ist die Selbstveränderung. Dazu können interne oder externe Ereignisse beitragen, immer aber bestimmt das System selbst, ob und wie es sich selbst verändert – und wenn es dies tut, dann jedenfalls nach Maßgabe der eigenen Möglichkeiten der Veränderung.“ (Prof. Dr. Heiko Kleve, FH Potsdam)

Deshalb wird nicht vorrangig mit dem verhaltensauffälligen Kind/Jugendlichen (Symptomträger) gearbeitet, sondern mit dem gesamten System.  Nur durch die aktive Einbindung der Eltern kann eine nachhaltige Lösung erwachsen, die auch dann noch trägt, wenn die Hilfe längst beendet ist.


4. Begrenzte Hilfen sind hilfreicher als auf Dauer angelegte Hilfesysteme

„Außerdem hat sich vielleicht noch nicht wirklich herumgesprochen, dass ein Hilfe-System möglicherweise hilfreicher helfen kann, wenn es die andere Seite der Hilfe, nämlich die Nichthilfe bzw. die Begrenzung der Hilfe als eine Option neben der Hilfe mit einbezieht. Nicht überall, wo Angebote gemacht werden können zu helfen, ist Helfen die richtige Option. Denn die begleitende Nichthilfe könnte gerade angemessen sein, um hilfreich zu sein, Menschen zu aktivieren, sich selbst zu helfen.“ (Prof. Dr. Heiko Kleve, FH Potsdam)

Besonders fatal erscheint in diesem Zusammenhang die Konkurrenzsituation, die oftmals zwischen stationären Hilfesystemen und den Ressourcen des Familiensystems entsteht,  d.h wenn Hilfesysteme, um sich selbst am Leben zu erhalten, sich nicht gestatten können, auf eine baldige Beendung der Hilfe hinzuarbeiten.
 

Der SIT-Ansatz als ein wesentliches Bezugsmodell der familienunterstützenden Angebote von .synergıe

Der SIT-Ansatz (Systemische Interaktionstherapie) von Michael Biene ist ein wesentliches Bezugsmodell, in dem sich unsere professionelle Haltung wiederspiegelt. Michael Biene ist  Begründer und langjähriger Leiter des stationären familientherapeutischen Projekts „TRIANGEL“ in Berlin und seit 2005 Leiter des SIT Instituts in Bern.

Die folgenden Zitate von Michael Biene unterstreichen und belegen unsere oben genannten Grundannahmen, auf deren Basis unsere Konzepte entstanden.

„Je stärker Eltern im Hilfeprozess beteiligt sind, um so wirkungsvoller und nachhaltiger ist die Hilfe für das Kind.“ (Michael Biene, Institut SIT, Bern)

„Eltern wollen aktiv sein – ihre Probleme und die Probleme des Kindes selbst angehen und lösen!“ (Michael Biene, Institut SIT, Bern)

„Wenn Eltern im Hilfeprozess inaktiv sind, ist dies in erster Linie durch Rollenzuweisungen im Hilfeprozess bedingt!“ (Michael Biene, Institut SIT, Bern)

„Das heißt, sehr viel mehr Eltern als bisher angenommen, wären bereit, den Hilfeprozess für ihr Kind aktiv zu gestalten. Sie brauchen Angebote, die ihnen eine aktive Rolle einräumen.“ (Michael Biene, Institut SIT, Bern)

Vision: Paradigmenwechsel in der Jugendhilfe durch eine neue Logik des Helfens

„Um überhaupt zu familien- und elternaktivierenden Arbeitsformen zu gelangen, sind erhebliche Veränderungsprozesse im Hilfesystem selbst notwendig. Eltern sollen hier nämlich genau in den Bereichen aktiv werden, in denen bisher die professionellen Helfer zuständig waren. Das erfordert bei allen Beteiligten ein Umdenken, eine Neudefinition der Zuständigkeit und komplizierte Aushandlungsprozess darüber, wer zuständig ist, dem Kind zu helfen.“ (Michael Biene)

„Dieses Umdenken bezüglich Haltung und Herangehensweise bildet den Kern des  hier benannten  Paradigmenwechsels. Er definiert sich maßgeblich durch die neue Logik des Helfens, die in ein grundlegend verändertes Selbstverständnis der Helferrolle mündet, d.h. in eine Neuprofessionalisierung der Helfer...
Die neue, selbstdekonstruktive Logik des Helfens führt zu Hilfemustern, die das Ende der Hilfen zum Ziel haben. Klienten bekommen dadurch die Chance, von der Hilfe unabhängig zu werden, indem sie während der Hilfe selbst aktiv werden. Bei einer solchen Hilfelogik kann es dann sogar passieren, dass die Rollenasymmetrie so verändert wird, dass die Klienten aufgrund ihrer gewonnenen oder gestärkten Autonomie selber anfangen, anderen zu helfen.“ (Prof. Dr. Heiko Kleve , Zwei Logiken des Helfens)

„Ich komme zum Schluss: Wenn derzeit in den Jugendämtern, wohl nicht primär aus fachlichem Ehrgeiz, sondern weil gespart werden soll, nach erfolgreichen Hilfekonzepten gesucht wird, dann kann sicher viel vom Projekt Triangel gelernt werden. Denn Triangel macht deutlich, dass wir erfolgreiche Hilfe-Logiken vielleicht recht einfach entwickeln können: nämlich vor allem dadurch, dass wir uns als Helfer selbst in dem beschriebenen Sinne verändern. Aber vielleicht ist genau das das Schwerste.“ (Prof. Dr. Heiko Kleve , Zwei Logiken des Helfens)